01.07.2020

Variationen der interaktiven Bücher

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Grundidee

Das Konzept ist so einfach wie genial: Bücher, die aus bedruckten Seiten bestehen und in denen man ganz normal Blättern kann. In denen sich gleichzeitig aber auch virtuelle Animationen bewegen, farbige Bilder erstrahlen und deren Inhalte sich per Fingerdruck verändern lassen.

Die interaktiven Bücher von iart ermöglichen eine ganz neue mediale Erfahrung, in der sich haptische und virtuelle Aspekte mischen. Was wir entwickelt haben, ist ein interaktives Objekt aus Papier, das ein faszinierendes Erlebnis bietet.

Inhalt, Interaktion und Technik

Auf Besucher wirken die interaktiven Bücher fast schon magisch: Scheinbar normale Buchseiten, bedruckt und physisch, deren Inhalte wie von Zauberhand lebendig werden. Was steckt dahinter? Im Wesentlichen beruht der Erfolg der interaktiven Bücher auf dem perfekten Zusammenspiel von Inhalt, Interaktion und Technik. Für jedes Buch erstellen wir hochwertige, informative und spielerische Animationen, die eigens auf das Thema und die Vermittlung der jeweiligen Inhalte zugeschnitten sind. Intuitiv auszulösende Interaktionen sorgen zudem für ein hürdenloses Nutzererlebnis, sodass die Bücher Menschen aller Altersgruppen ansprechen. Dazu trägt auch die Technik bei, die das Erlebnis möglich macht, selbst aber beinahe unsichtbar ist. Für die Leser ist einfach das Buch mit seinen physischen Seiten und interaktiven Inhalten sicht-, berühr- und hörbar.

Paul Gauguin in der Fondation Beyeler

Das erste Mal wurde das interaktive Buch zur grossen Gauguin-Ausstellung in der Fondation Beyeler der Öffentlichkeit präsentiert. Es zeigte bewegte Panoramen, interaktive visuelle Spiele und Hintergrundinformationen – und die Reaktionen beim Publikum waren überwältigend. Das Projekt gewann zahlreiche Preise und die Presse lobte die Innovation. So nannte das Hochparterre die interaktiven Bücher «eine Art der Vermittlung, die dem Original sein Recht belässt und trotzdem über die digitale Reproduktion hinausweist». Und die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb: «Ein Feuerwerk der Imagination und Inspiration».

«Ideen Schweiz» im Landesmuseum

Die interaktiven Bücher der Ausstellung «Ideen Schweiz» sind vier zentralen Narrativen gewidmet, die die Eidgenossenschaft über Jahrhunderte ideologisch zusammengehalten haben. Die Autoren dieser Texte sind Petermann Etterlin, Jean Calvin, Jean-Jacques Rousseau und Jean-Henri Dunant. Die Bücher glänzen mit visuellen Collagen, die die beschriebenen Handlungsräume aufscheinen lassen. Zudem finden sich in den Büchern historische Zeitungsseiten, in denen schwarzweisse Bilder als farbige Filme ablaufen, sobald man sie berührt.

BMW Art Journey

Die BMW Art Journey ermöglicht Künstlerinnen und Künstlern, die von der Art Basel zu den «emerging artists» des aktuellen Jahres gezählt werden, eine grosse Recherchereise. Das interaktive Buch zur Art Journey des Künstlers Samson Young zeigte, wie er fünf Kontinente bereiste, um ikonische Glocken zu dokumentieren. Die aufwändig gestalteten Buchseiten und Animationen machten erfahrbar, wie Young die aufgezeichneten Klangkulissen in visuelle Werke verarbeitete.

Arabian Journeys

Die interaktiven Bücher der Ausstellung «Arabian Journeys» im Ithra, Dhahran, sind gefüllt mit faszinierenden visuellen Effekten. Wo die Ausstellung primär der Naturgeschichte Arabiens gewidmet ist, erzählen die interaktiven Bücher von der Kulturgeschichte der saudischen Halbinsel. So erzählen sie bspw. von Perlen, vom Krieg, von Pferdezucht und Pferderennen oder vom privaten und religiösen Gebrauch von Weihrauch. Mit je über zwanzig Doppelseiten sind die Bücher die inhaltlich und gestalterisch voluminösesten, die iart je umgesetzt hat.

Der junge Picasso in der Fondation Beyeler

Die interaktiven Bücher zum jungen Picasso zeigen ein weites Spektrum gestalterischer und interaktiver Mittel, mit denen sein künstlerisches Schaffen und Leben plastisch wird. Zum Beispiel gleiten Fotos von Atelier, Galerie oder Kneipen ins Buch, wenn ein Ort auf der Karte von Paris mit dem Finger berührt wird; ein «Scanner» legt bei Berührung die tieferliegenden Schichten von Gemälden frei; vorbereitende Skizzen erweitern den Blick auf ein Meisterwerk; oder aber: Eine Katze huscht über ein im Buch gedrucktes Hausdach…

Funktionsweise

So funktioniert das interaktive Buch: Auf einem Sockel aus Corian liegt ein Buch mit bedruckten Seiten, eine Infrarotkamera und ein Projektor sind in der Raumdecke verborgen. Mithilfe des Kamerabilds erkennt eine Software die aufgeschlagene Seite und sendet die zugehörigen digitalen Inhalte an den Projektor. Zudem befinden sich im Sockel direkt unterhalb des Buches Sensoren, die auf Berührung reagieren, und Lautsprecher, welche das Erlebnis mit Klangeffekten abrunden.

Mobile Version

Zurzeit entwickeln wir das Erfolgskonzept der interaktiven Bücher weiter, machen die Installation mobiler und integrieren die Möglichkeiten neuer technologischer Entwicklungen. Auch in Boutiquen und an Messen faszinieren die interaktiven Bücher. Gerade für diese Anwendungsbereiche haben wir die Konstruktion rings um das Buch mobiler werden lassen. Anstelle einer aufwändigen Installation des dazugehörenden Beamers in der Decke eines Raumes, wird er nun am Sockel des interaktiven Buchs positioniert. Mithilfe eines Spiegels werden die virtuellen Inhalte dann ins Buch gelegt.

Neue Interaktionsmöglichkeiten

Auch die Interaktionsmöglichkeiten werden dank neuer technischer Mittel komplexer und spannender. Denn anstelle von distinkten Berührungssensoren bauen wir künftig auf Touchfolien, die kontinuierliche Fingerbewegungen registrieren. So kann man in den neuen Büchern auch Wischen oder virtuelle Linien zeichnen. Und mit der neuen Interaktion lassen sich auch neue visuelle Formen des Erzählens erproben. Denn die Berührungen sind immer ein Mittel, mit der man tiefer in die Geschichte eintauchen kann. Wenn das Zusammenspiel von Nutzerinnen und Nutzern mit dem intelligenten Objekt spannender wird, werden es auch die vermittelten Inhalte.

Vision des digital-analogen Zeichnens

Im Vorgang der Ausstellung zum jungen Picasso entwickelten wir einen «interaktiven Skizzenbogen» - ein Konzept mit viel Potenzial, das bisher aber noch keine Umsetzung fand. Ähnlich wie die Bücher wird er auf mehreren Sockeln im Museum positioniert und kombiniert digitale Brillanz mit sinnlicher Haptik. Der signifikante Unterschied: Hier kann man nicht nur durch Berührungen mit dem Finger interagieren, sondern kann tatsächlich zeichnen und so die Charakteristika beispielsweise eines Gemäldes grafisch nachvollziehen. Letztlich könnte man den eigens erstellten Skizzenbogen vom Stapel nehmen und mitnehmen – eine ganz persönliche Erinnerung an das Erlebnis.

Einzigartigkeit

Die interaktiven Bücher werden nie zu einem Massenprodukt werden. Sie sind ein einzigartiges, aufwändiges Konstrukt. Inhalte, Interaktion und Technik müssen für jede Anwendung aufs Neue zu einer perfekten Einheit verschmolzen werden. Dadurch wird das Erlebnis auch in Zukunft einzigartig bleiben: Wer ein interaktives Buch zeigen kann, bleibt im Gedächtnis von Besucherinnen und Kunden.