Bewegte Geschichte

Die Medienfassade des Peter Jones Stores in London baut auf eine historische Idee und fügt sich nahtlos in das denkmalgeschützte Gebäude – gleichzeitig reagiert sie spielerisch auf das aktuelle Wetter.

#

In Kürze

Seit 1877 befindet sich im edlen Londoner Chelsea ein grossräumiges Peter Jones Warenhaus am Sloane Square. Das heute denkmalgeschützte Gebäude wurde in den 1930er-Jahren errichtet. Nach der Renovation aller Innenräume im Jahr 2000 wurde nun die Aussenhülle erneuert. Zusammen mit den Architekten Sergison Bates entwickelte iart eine Medienfassade, die sich an ursprünglichen Plänen orientiert und sich nahtlos in die bestehende Architektur einfügt, sie aber gleichzeitig ganz neu belebt.

Geschichte des Gebäudes

Im Jahr 1932 beauftragte John Lewis den Architekten William Crabtree ein neues Warenhaus zu entwerfen. Als erstes Gebäude, das in Grossbritannien mit Stahlrahmen und vorgehängter Glasfassade errichtet wurde, gilt es heute als besonders bedeutsam für die Geschichte der britischen Architektur des 20. Jahrhunderts. Nach einer Erweiterung im Jahr 1963 wurden zwischen 1969-1971 wichtige Elemente unter Denkmalschutz gestellt, was das Warenhaus zu einem der ersten geschützten modernistischen Gebäude machte.

Medienfassade für denkmalgeschützten Bau

  • Modernistisches Gebäude von 1932
  • Erste Glasfassade mit Stahlrahmen in Grossbritannien
  • Denkmalgeschützt seit 1971
  • Nie umgesetzt: Brüstungstafeln sollten saisonal koloriert werden
  • Bau sollte ein urbanes Kunstwerk sein

Historische Idee neu interpretiert

Für die von iart entwickelte Lösung war zentral, dass die ursprünglichen Pläne die Möglichkeit urbaner künstlerischer Interventionen mittels veränderbarer Farbgebung der Brüstungstafeln vorsahen. Aufbauend auf dieser nie realisierten Idee entwickelten wir Paneele, die das Aussehen des Gebäudes ebenfalls dynamisch verändern. Die zwischen den Fensterreihen befestigten glasbedeckten Paneele bestehen aus feingliedrigen Lamellen vor einem grossflächigen LED-Rücklicht, das in Farben des RGB-Spektrums leuchtet.

Wir wollten eine eindrucksvolle Fassade schaffen, die Kunden begeistert und anlockt und das Einkaufserlebnis, das sie im Laden vorfinden, besser widerspiegelt, während sie gleichzeitig respektvoll mit unserem Erbe umgeht.
Pippa Wicks, Executive Director John Lewis & Partnership

Tag- und Nachtmodi

Bei Tageslicht führt schon eine leichte Drehung der Lamellen zu Veränderung der Erscheinung. Denn die Lamellen sind auf der einen Seite weiss, auf der anderen Seite grau beschichtet. In der Dunkelheit wird das LED-Rücklicht aktiviert und die Drehung der Lamellen bestimmt, wie viel Licht nach aussen strahlt. Auch jetzt führen feine Helligkeitsunterschiede zwischen den Paneelen zu einem vielfältig abgestuften Mosaik, das sich über die gesamte Fassade zieht. Im Gegensatz zur Tagesbespielung können jetzt auch Farbtöne variiert werden. Das schlichte Spiel verschiedener Weiss- und Grautöne kann zu besonderen Anlässen variiert werden. So leuchtete das gesamte Gebäude zu Weihnachten 2021 in festlichtem Grün.

Heute

  • 133 Panels mit feinen Lamellen
  • Bei Tag: Drehung führt Shift zwischen Hell und Dunkel
  • Bei Nacht: LED-Rücklicht wird flexibel aktiviert
  • Bespielung reagiert auf aktuelle Wetterdaten
  • Sonne, Wind und Wolken verändern Kontrast, Geschwindigkeit und Farbe
  • Fassade zeigt jeden Tag ein neues Mosaik

Generative Inhalte in Korrespondenz zum Wetter

Die Fassade wird in Echtzeit durch immer neue generative Inhalte bespielt. Jedes der 133 Paneele wird individuell angesteuert. Die generative Variation ergibt sich aus den wechselnden Parametern des Wetters. Das sog. Lorenz Modell – benannt nach dem Meteorologen Edward Lorenz – bildet dabei die die Grundlage der Bespielung. Es dient zur Veranschaulichung des Luftdrucks und zeigt zirkuläre Strukturen, also ein sich wiederholendes, nie aber identisches Muster. Eben jene Qualität, die der Fassade zu eigen sein soll.

Die Fassade lesen wie ein Barometer

Um öfters Veränderung zu garantieren, werden zwei Lorenz Systeme überlagert. So entsteht ein sich ständig verändernder visueller Rhythmus. Bewegung, Kontraste und Helligkeit der Fassade variieren. Wie bei einer Wasseroberfläche im Wind sind auch hier immer wieder neue Muster zu beobachten. Gleichzeitig können sie wie ein Barometer gelesen werden: An einem heissen Tag mit hohem Luftdruck werden klarere Muster zu erkennen sein. An einem regnerischen Tag werden die Muster dagegen flüssiger in ihrer Bewegung und weicher in ihrem Kontrast sein.

Konstruktion der Paneele

iart entwickelte nicht nur das Konzept, sondern zeichnete auch für die Umsetzung verantwortlich. Charakteristisch ist, dass die komplexe Installation auf simple Einzelelemente baut. So besteht jedes Paneel aus einer äusserst feinen Jalousie, die durch einen kleinen Steppmotor gewendet wird. Weil Vorder- und Rückseite verschieden beschichtet sind, wirken die Paneele im Tageslicht je nach Winkel der Lamellen heller oder dunkler. Geschützt wird das Innenleben von Glasscheiben und hinterleuchtet ist das Ganze von LEDs, die das RGB-Farbspektrum abdecken.

  • Eröffnung

    2022

  • Ort

    London

  • Kunde

    John Lewis & Partnership

  • Partner

    Sergison Bates

  • Leistungen

    2D/3D-GestaltungFachplanungPrototypingSystementwicklungSoftwareentwicklungSystemintegrationProzessgestaltungAnforderungsmanagementMechanikentwicklungBetriebKoordinationElektronikentwicklungInhaltsentwicklungControllingMedientechnische Planung

  • Fotos & Video Footage

    Fotos: Maris Mezulis. Video: iart und Cultureshock Media.

Weitere Projekte